Rückblick aus Köln Brück und Merheim

Abendmahl – Finde Judas
von Wilma Falk-van Rees und Jane Dunker



Unter diesen Titel hat der Fotograf Michael Müller-Münker seine Ausstellung mit 13 Triptychen gestellt, die mit Beginn der Passionszeit sowohl in der Johanneskirche als auch in der Petruskirche zu sehen waren.
Keine Sache für nur einen Blick. Müller-Münker spielt mit der Zahl 13 und konfrontiert uns mit einer Fülle von Bildausschnitten – Momentaufnahmen, Eingebungen, Fragmenten, Ordnungen.
Wenn Sie die Bilder angeschaut haben, entdecken Sie Weggeworfenes, Alltagsgegenstände, Naturaufnahmen, Kirmes, Fassaden, Perspektiven – was hat das mit Abendmahl zu tun? Auf den ersten Blick – gar nichts.
Erst einmal ist gar kein Zusammenhang da zum Thema. Es braucht Zeit und Konzentration, um eigene Bilder und Zugänge zu finden. Eine Botschaft ist nicht sofort erkennbar und schon gar nicht eindeutig. Das ist sperrig und unbequem.
Das Abendmahl gehört mit der Taufe zu den Fundamenten unserer christlichen Identität. Gerade an Judas, aber nicht nur an ihm, wird deutlich, wie konfliktbeladen diese Gemeinschaft war. Der Verrat, die Feigheit, die Verdrängung, die Lethargie, die Naivität, die Unbekümmertheit, die Sorge, die Angst, die Scham, die Gewalt – all das sitzt mit am Tisch und trotzdem gibt Jesus diese Gemeinschaft nicht preis. Im Gegenteil: aus diesem Passahmahl wird plötzlich ein Heilsmahl. Die Liebe sitzt mit am Tisch, als einzige Kraft, die die Verhärtungen aufbrechen kann.
Finde Judas – das klingt wie ein Suchauftrag. Hat er sich irgendwo auf den Bildern versteckt, gibt es verborgene Hinweise, die ich entschlüsseln soll – aber auf den Fotografien gibt es fast gar keine Menschen.
Und wie könnte Judas aussehen? Wo wäre er zu finden? Sie merken: viele Fragen, die zum Nachdenken anregen.
In den Führungen, die Herr Müller-Münker angeboten hat, aber auch in vielen Gesprächen nach den Gottesdiensten wurde intensiv diskutiert. Lange habe ich nicht mehr so eindrücklich mit fremden und bekannten Menschen über Judas und das Abendmahl nachgedacht. Für mich war es ein umständlicher und befremdlicher Zugang, aber die Mühe hat sich gelohnt.

Musikalische Vernissage in Brück und literarische Finissage in Merheim
Die Eröffnungs- und die Abschlussveranstaltung der Ausstellung „Abendmahl – Finde Judas“ ergeben zusammen eine runde Sache, gerade weil sie unterschiedlicher nicht sein konnten.
Zur Vernissage in Brück komponierte Cellistin Marei Seuthe eine kleine Musik, die von der Ausstellung inspiriert wurde. Da zum Beispiel die Seitenflügel der Triptychen alle aus 12 Bildern zusammengesetzt waren, entwickelte sie 12 Klänge, die sie teilweise mit Hilfe von alltäglichen Gegenständen wie Gummihandschuh, Gabel und Kamm erzeugte, Gegenstände, die man ebenfalls in der Ausstellung entdecken konnte. Auch die strenge Ordnung einer sich wiederholenden Struktur fand sich in ihrer Musik wieder.

Im Gegensatz dazu vernachlässigte die Finissage in Merheim alles Sichtbare der Ausstellung und bezog sich ausschließlich auf das Inhaltliche: Die Figur Judas.
Fünf Personen, Profis und Laien, aus der Gemeinde Brück-Merheim und aus dem Freundeskreis des Fotografen Michael Müller-Münker, lasen eine Textcollage mit Texten von Walter Jens und Amos Oz, von dem katholischen Theologen Wolfgang Treitler und dem evangelischen Pfarrer Thomas Muggli-Stokholm. Sogar das Judasohr, Pilz des Jahres 2017 – das nebenbei bemerkt auf dem Holunderbaum im Kräutergärtchen vor der Johanneskirche wächst – fand sich in der Lesung wieder, köstlich trocken vorgetragen vom Profisprecher Gerd Daaßen. Christiane Wedel las berührend authentisch den Judas-Monolog von Walter Jens, und auch Sarah Münker, Uta Garbisch und Albena Lair wussten die Aufmerksamkeit der Zuhörer zu fesseln.
Fazit des Fotografen Michael Müller-Münker nach der Finissage: „Und eine wichtige Erkenntnis bleibt … Dinge sind gemeinsam bewegbar.“